Die Verkoppelung in Kühsen

Ulrich Droldner

Die Verkoppelung in der Gemarkung Kühsen von 1774 bis 1778 ist m.E. ein ähnlicher Meilenstein in der Geschichte unseres Dorfes, wie die urkundliche Erwähnung im Zehntregister von 1230 und die Flurbereinigung, die im 20. Jahrhundert erfolgte. Jedenfalls wurden zu diesen Anlässen umfangreiche Bestandsaufnahmen “behördlicherseits“ veranlasst, deren Ergebnisse über die bloßen Zahlenkolonnen hinaus ein beredtes Zeugnis von den Lebensum-ständen ihrer Zeit ablegen. Als Vorläufer der späteren Flurbereinigung ging es bei der Verkoppelung um die Nutzung aller Flächen der Gemarkung, ob Acker, Wiese, Wald oder Moor, oftmals im Allgemeinbesitz und die Neuverteilung verstreut liegender Nutzflächen. Ein wesentlicher Punkt war hier die Bewer-tung der Flächen nach ihrem Ertrag. Als weitergehende Literatur sei die Seite: www.kreis-rz.de Findbuch Verkoppelung im Herzogtum Lauenburg empfohlen.

Die nachfolgend abgebildeten (Original(?)-) Dokumente wurden mir 1990 von Herrn Rickert übergeben mit der Bitte, sie angemessen zu würdigen. Das will ich hiermit tun: Alle Indizien deuten darauf hin, dass es sich hierbei um einen kleinen Teil der für die Verkoppelung unerlässlichen Bestandsaufnahme des individuellen und gemeinschaftlichen Grundbesitzes handelt.

Grundlage für die Bestandsaufnahme waren die regional gebräuchlichen Längen- und Flächenmaße: □Ruthe (QR) 1 Quadratrute = 14,185 m², 1 Scheffel a 80 QR, 1 Morgen a 120 QR und 1 Hufe a 5400 QR = 7,66 Hektar. Weit verbreitet waren von 1755 bis 1872 Preußische (Rheinländische, Mecklenburg-Strelitzsche) Maße, bei denen das Flächenmaß Scheffel nicht verwendet wird und der Morgen 180 QR umfasst. Ein Morgen war die Fläche, die man mit einem einscharigen pferde- oder ochsengezogenen Pflug an einem Vormittag bestellen konnte. Er variierte regional zwischen 2000 und 11000 m². Ein Scheffel bezeichnet die Fläche, für die ein Scheffel Saatgut (ca. 30 bis 40 Liter) benötigt wurden.

Quellen aus dem Ratzeburger Findbuch belegen, dass dem Vollhufner Capitaine Lieutnant Bohnsack aus Kühsen am 31. Januar 1774 die Aufgabe übertragen wurde, die notwendigen Vermessungen, Ausrechnung der Karten und Verfertigung eines Vermeßregisters vorzunehmen. 4 Arbeitsleute wurden ihm zur Unterstützung beigegeben. Am 20. August 1774 wurden sämtliche Unterlagen an die Regierung übergeben. Ausführliche Informationen finden wir den Berichten von Erwin Rickert in seinem Aufsatz über die Verkoppelung in Kühsen.

Nun aber zu den erwähnten Dokumenten. Es handelt sich um 4 Seiten, eine Einzelseite, die die Flächen “zum allgemeinen Nutzen des Dorfes“ behandelt, eine Doppelseite, die die Nutzflächen den einzelnen Besitzern und Pächtern zuordnet und eine Einzelseite, auf der die von dem Vollhufner Jochim Meyer genutzten Flächen aufgelistet sind. Die erste Seite, beginnend mit Pag. 29, behandelt die Flächen zum allgemeinen Nutzen des Dorfes. Unter dem Titel: “Wiederholung Nahmens“ lesen wir: An herrschaftlichen privativen Forst, darunter: a Vollhufner und Bauernvogt J. G. Krützmann. Es folgen die Namen der Vollhufner, ¾ Hufner, ½ Hufner, Großkäthner, Kleinkäthner und Anbauer, Schulmeister und der Hirte und die Größenangaben ihrer Nutzflächen. Der hier erwähnte Anbauer Ch. Steffens war von Beruf Radmacher, Johann Stahmer war Schmied und … Milan war Reetdachdecker. Den Schluss bildet die Erfassung der Flächen “Zum allgemeinen Nutzen des Dorfes“. In der Fußzeile heißt es: “B. daß einer mehr Quadratruten Wiesen, wie der andere hat, rührt von der großen Unterschiedlichkeit der Güte derselben her. Bohnsack.“

Die letzte und vierte Seite (Pag. 4) listet die von dem Vollhufner Jochim Meyer genutzten Flächen auf. Wir haben sie, allerdings ohne Zahlenangaben in die lateinische Ausgangsschrift übersetzet. Von besonderem Interesse sind hier die Flurnamen, die sich im Sprachgebrauch der Bevölkerung im Lauf der Zeit veränderten. Einige finden sich in ähnlicher Form im Sprachgebrauch des 19. und 20. Jahrhunderts wieder, wie z.B.:

Beim Hütten Busch Rutbusch
Im Dummers Berge Dummersbarg
Millerstät Buschkoppel Millistää
Die große Eich Horst Eikhorst
Die Deich Stücken Diekstücken
Im Deich Bruch Diekbrauk
Im Gräpen Sohl Langn Saal
In die Hilken Wiese Hilgenwisch