In der Adventszeit kam ein Rahlstedter Bäcker ins Dorf und ging von Haus zu Haus, um seine Weihnachtspuppen und -figuren aus Mehlteig zu verkaufen. Manche Mutter hatte Freude daran, selber allerlei Figurenwerk aus süßem Mehlteig zu backen, das nachher den Tannenbaum schmücken sollte.
Der Tannenbaum stand in einem Eimer, in welchem die Erde festgestampft war. Ein Licht schmückte die Spitze. Thüringer Christbaumschmuck hatte den Weg aufs platte Land noch nicht gefunden. Nur in wenigen Häusern der benachbarten Stadt kannte man diesen neuen Baumschmuck. Im Dorfe fertigten fleißige Elternhände vorläufig jeglichen Schmuck selber an. Ketten und Netze aus farbigem Papier stellte man her. Äpfel und ausgeblasene Eier umkleidete man mit Silberpapier. Tannenzapfen wurden fein bronziert. In die Papiernetze legte man Hasel- und Walnüsse, und an die Zweige hängte man rotbackige Äpfel, die schon im Herbst dazu ausgesucht waren. Dazu kamen die Dinge aus süßem Mehlteig und Pfeffernußkuchen. Die Kerzen wurden mit Draht befestigt oder steckten in selbstgefertigten Papphülsen.
Das Spielzeug für die Kleinen fertigten die Eltern selber an. Mutter nähte aus buntem Tuch eine schöne Puppe, Vater machte einen zappeligen Hampelmann und aus den Ziehknochen der Gänse den beliebten Springbock. Der "Ruwwert" (Ruprecht) mit seinem Sack voll Asche und der großen Rute war sehr gefürchtet.
Neben den Näschereien sorgten auch der dicke Reis und die fetten "„Ochsenaugen" dafür, daß der Heilige Abend seinen Namen als "Vullbuuksabend" mit Recht führte. Beliebt waren auch Bratkartoffeln (rohe Kartoffeln gebraten) mit Grünkohl. Am 1. Weihnachtstag gab es allgemein Schweinskopf mit Kohl, zum Nachtisch Klöße in Sirupsoße.
Als Hausgenossen hatten auch die Tiere Anteil an der Weihnachtsfreunde. Schwere, volle Hafergarben warf man den Kühen Pferden vor, und Hund und Katze bekamen eine Wurst.
Das Julfest unserer germanischen Vorfahren war das Fest des wiederkehrenden Lichtes. Mache Bräuche, die in ältesten Zeiten verwurzelt sind, wurden sorgfältig beachtet und geübt. In der Adventszeit stellte man brennende Kerzen vor die Fenster. Das Vieh musste am Heiligen Abend bei Licht sein Futter ganz verzehren, erst dann löschte man das Licht. Vor Weihachten wurde die Tür offengehalten, damit Freya (Frau Goden) nicht vorüberging. – Nachdem Wodan und seine Gesellen von der christlichen Kirche zu Unholden gestempelt waren, galt es, sich gegen ihre Untaten zu schützen. In den Zwölften brachte an alle Gegenstände zum täglichen Gebrauch unter Dach und Fach, vor allem hängte man keine Wäsche auf. Das Gasselbrett, das seinen Platz beim Backofen hat, legte man hinter die Pferdekrippe oder in die Häckselkammer. – Die Zeit des Festes barg auch geheime Kräfte in sich zum Schutz und Segen der Hausbewohner. Um mancherlei Krankheiten von den Pferden abzuwehren, schüttete man ihnen am Weihnachtsabend Häcksel mit Faulbaum vermischt in die Krippe. Am Weihnachtsmorgen zog man den Hund durch die Tränke, damit das Vieh vor Ungeziefer bewahrt blieb. Die Herdasche vom Heiligen Abend streute man am andern Mittag über die Kühe zu Schutz gegen Hexen. In der Dämmerung des Heiligen Abends band man um jeden Obstbaum ein Strohseil, auch brachte man den Bäumen eine Gabe Stalldung. Während des Essens ging ein Hausgenosse mit dem Hund um das Haus, in den Viehställen musste solange Licht brennen (Schutz gegen Diebe?). Damit die Holden sahen, daß im Hause Zucht und Ordnung herrschten, nagelte man eine Rute an die Tür.