Seit vorchristlicher Zeit waren Pferde in der Landwirtschaft unverzichtbar, vorwiegend als Zugtiere bei der Feldbestellung und Ernte. Noch in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts waren sie unentbehrlich. Ihre Arbeitszeit war der der Menschen angepasst, etwa von 08.00 bis 18.00 Uhr, und die Tiere kannten diese Zeiten und die der Pausen sehr genau. Das Verhältnis der arbeitenden Menschen zu Pferden war eher unsentimental, man benutzte sie zur Arbeit. Sie trugen wesentlich zum Erfolg eines landwirtschaftlichen Betriebes bei, waren auf diese Weise ein kostbares Gut. Noch 1936 waren auf 11 Kühsener Höfen 47 Pferde anzutreffen. Neben der Feldarbeit, auch im Spanndienst, mussten sie zudem Kriegsdienst leisten. So wurden bei der Mobilmachung 1914 in Kühsen die Arbeitstiere gemustert und 14 Pferde eingezogen (siehe Arbeit und Alltag – 1. Weltkrieg). Während des 2.Weltkriegs taten in der deutschen Wehrmacht rund 3 Millionen Pferde Dienst, von denen mehr als 60% durch Kriegshandlungen und auf den Schlachtfeldern starben.
Um in den landwirtschaftlichen Betrieben das oben erwähnte kostbare Kapital Pferd zu erhalten, ging man pfleglich damit um, förderte seine Gesundheit und Arbeitskraft.
Ein beredtes Zeugnis davon liefert eine Anleitung für Pferdekuren vom Beginn des 19. Jahrhunderts, die Hauptlehrer Rickert für uns festgehalten hat. Die Lektüre empfehlen wir besonders unseren ortsansässigen Tiermedizinerinnen und allen, die Pferde besitzen oder betreuen.
Quellen:
- Erwin Rickert: Chronik Kühsen
- zeitspurensuche.de: Pferdealltag in alter Zeit
- provie.de: Pferde damals und heute
Aufregung herrschte eines Morgens plötzlich auf dem Hof: Die "Liese" war krank. "Liese" war das letzte Pferd des Bauern und sein ganzer Stolz. Zum Glück gab es aber ja das Telefon und den Tierarzt. Nach einigen kurzen Erklärungen hatte der Tierarzt begriffen, was geschehen war und versprach, sofort zu kommen.
Es dauerte auch wirklich nur wenige Minuten, bis er zur Stelle war. Er sah sich den "Fall" an, suchte seine Spritze heraus, drückte dem kranken Pferd ein Medikament in die Ader und meinte: "Ein paar Tage Ruhe, dann ist alles überstanden". Und richtig, so geschah es. Nach einigen Tagen zog das Pferd wie vorher seinen Milchwagen.
So einfach und oftmals so harmlos - möchte man fast sagen - geht es heute bei Erkrankungen des Viehs zu. Damit soll natürlich nicht bagatellisiert werden. Man wird jedoch gleich verstehen, wie dieser Satz gemeint ist.
Vor mir liegt ein altes, abgegriffenes Heft, angefüllt mit handschriftlichen Aufzeichnungen von "Rezepten" zur Heilung von Erkrankungen bei Pferden. Eine kleine Auswahl aus diesem "tiermedizinischen Hilfsbuch", das der Schrift und dem Stil nach zu urteilen vor etwa 150 Jahren geschrieben wurde, mag einen Einblick in die "Heilmethoden" dieser Zeit geben:
"Wenn ein Roß sich verfangen hat. Nimm eine Sule, stich ihm unten durch die Nase durch und durch, daß es blutet, es sei jung oder alt, nimm denn die Zunge heraus, stich ihm die Ader unter der Zunge mit einem Fleht auf, reibe ihm das mit Salz, so wird das Roß bald genesen. Probat.
Wenn ein Roß nicht stallen kann. So nimm Kreide, als ein Hühnerei groß, schabe dieselbe zu Pulver mit einem Messer, und lange einen Eimer fließend Wasser, tuhe die geschabte Kreide darein, laß das Pferd davon trinken, so wird es alsbald stallen. Probatum.
Oder schneide ein Stück Speck von einer Seite, schneide es ungefähr klein, fingerlang und groß, wälze oder reibe es wohl in Salz, steck es dem Pferd in den Schlauch, und halte dann eine Weile mit der Hand zu, bis es wärmt, soll es von Stund an stallen, ist für gut befunden worden.
Wenn ein Roß nicht misten kann. So nimm eine Hand voll Daunen aus dem Kissen, und tue die Daunen in fließend Wasser, und gieße die Daunen mit dem Horn oder wie du kannst dem Pferde in den Hals. Probat.
Wenn ein Roß räudig wird. So gib ihm ein Quintlein Safran ein, und reite es stark, daß es schwitzt, so vergeht es ihm.
Wenn ein Roß bauchflüssig ist. Nimm ein Glas voll Essig, ein Glas Branntwein, eines halben Fingers lang Schwefel und Niesepulver, mache es untereinander, gib es dem Roß ein, wann der Mond untergeht. Nimm dann große Ameisen mit den Eiern, siede es in Wasser, drücke es aus mit Wachs, schütte es dem Roß ein, so treibt es den Dampf von ihm aus.
Wenn ein Pferd krank darnieder liegt. Dem binde ein Stück Wadfarrenwurzel unter die Zunge oder auf das Gebiss, es wird hernach bald stallen und misten, auch wieder aufstehen."
Wenn ein Pferd verstopft ist, so lass ihm einen lebendigen Aal in den Hals kriechen, er geht bald durch den Leib und verändert die ganze Natur des Pferdes.
Wenn ein Roß räudig ist auf den Kranz, nimm Quecksilber, altes Schmeer, töte das Quecksilber, und mische es unter das Schmeer. Nimm dazu Kupfer, Schwefel und Kreide, mische es untereinander, und wasche das Roß gründlich mit einer starken Lauge. Lass es trocken werden, und schmiere es dann mit dieser Salbe ein. Nimm je ein Loth, zerlasse es untereinander, und schmiere es damit. Halte ein heißes Eisen dagegen, damit es gut einzieht.
Wenn ein Pferd nicht fressen will, nimm ein frisches rohes Ei, mache oben ein Löchlein hinein, tue ein wenig Safran hinein, rühre es gut untereinander. Binde das Ei mit einem Tuch um den Kopf des Pferdes, sodass es das Ei und den Safran hinunterschluckt. Lass es eine Weile angebunden und unfressen stehen, so wird es wieder gesund.
Damit ein Roß gut zunimmt und bald feist wird, gib ihm die Kätzchen, die an den Haselstauden wachsen, zu essen. Es nimmt an Gewicht zu und wird stark.
Um ein Roß gesund zu erhalten, nimm Asche, Ruß aus der Feuerstelle, jeweils zwei Hände voll. Gieße darüber ein Maß guten Weinessig, lass es 12 Stunden stehen, und gieße das klare davon ab. Nimm Schadebaum, Wacholderbaum, jeweils zwei Hände voll, Angelikawurzel, Christwurzel, Harbeeren, Senna, weiße Nonnensachen, weißen Vitriol, jeweils 2 Loth, pulverisiere es und mische es in den erstgedachten Essig. Sollte es zu dick sein, so gieße mehr Essig nach. Lass es gut verschlossen stehen.
Wenn ein Roß aufstößig ist, gib ihm von dieser Mischung sofort drei Löffel voll nüchtern ein, binde es hoch, lass es drei Stunden zugedeckt stehen. Es wird bald besser werden.
Bei Brüchen unterm Sattel binde Wegwartenwurzel über die Stelle, wo das Leder ausgeht, und gib dem Roß auch die Wurzel zu fressen.
Ein bewährtes Mittel gegen den Wurm der Pferde: Grabe im Juni Fünffingerkrautwurzeln aus, trockne sie nicht zu leicht und nicht zu feucht, schneide sie in Stücke. Wenn ein Roß den Wurm hat, dreh den Kopf des Rosses nach unten. An der Stelle, wo sich die Haut runzelt, mache einen langen Schnitt, zwei Finger breit unter dem Maul. Dann steche mit einem spitzen Messer drei Löcher nebeneinander zwischen Fell und Fleisch, und stecke in jedes Loch ein Stück der Wurzel. Nähe den Schnitt mit roter Seide zu und gib dem Roß anschließend über Teufelsdreck und Bibergeil zu trinken. Dies hat sich oft bewährt.
Wenn ein Roß keucht, gib ihm drei Tage hintereinander Rockenkleie oder Krüsch zu essen.
Wenn ein Roß einen Tritt bekommen hat, nimm 1 Gramm Wachs, 1 Gramm Hirschfett, 1 Gramm Specköl, 1 Gramm Johannisöl, und 4 Pfennige weißes Harz. Lass dies zusammen in einem reinen Tiegel zergehen, mache die Wunde sauber, und schmiere die Salbe darauf. So wird es heilen.
Die obbeschriebene Salbe ist auch gut, wenn ein Pferd vernagelt ist.
Zusammengestellt von Erwin Rickert, Kühsen